PROTAGONISTS (LIVING_FOSSILS)
Preview, La Biennale di Venezia, 53rd International Art Exhibition, Making Worlds, Venedig, 2009
Indem wir uns durch einen Raum bewegen, das darin Ausgestellte betrachten, im Raum befindlichen Objekten und anderen Personen ausweichen, uns den Gegenständen nähern und sie von unterschiedlichen Seiten betrachten, wird uns bewusst, dass jeder Ausstellungsraum auch noch ein weiteres Phänomen beherbergt: den Ausstellungsbesucher. Wer ist dieser Besucher, oft Betrachter genannt? Zumeist sehen wir ihn von hinten und beobachten, wie er schaut. Wir nehmen seine Haltungen wahr, die bisweilen fragend oder nachdenklich sind, nicht selten irritiert, ungeduldig oder zweifelnd. Manchmal wird ihm vorgeschrieben, wie er sich zu verhalten hat, bisweilen lässt er sich sogar beschimpfen. Interaktiven Kunstwerken verleiht er überhaupt erst ihre Bedeutung, indem er sie benutzt, sie auslöst, in Betrieb nimmt, auf sie reagiert. Manchmal wird der Besucher selbst zum Künstler und setzt ein Zeichen. Gleichgültig, ob sie ihm gefallen oder nicht, ob er sie bewundert, ablehnt oder ignoriert, die Kunstwerke bedürfen seiner Gegenwart, indem er mit ihnen “umgeht” und sich zu ihnen in Beziehung setzt.

Musealisieren ist ein Zustand zwischen Leben und Tod. Musealisieren heißt entzeitlichen, aus dem Kontext reißen, in neue Zusammenhänge stellen und damit “Realität” und “Authentizität” entscheidend zu verändern. Musealisierung ist ein künstlich herbeigeführter Akt der Bewertung: WERTSCHÖPFUNG. Dokumentationsfotos von Ausstellungen sind meist menschenleer. Ausstellungsbesucher gehören nicht zum geistigen Besitz der Menschheit und somit auch keiner Sammlung an. Im Gegensatz zu den von ihnen betrachteten Gegenständen scheinen sie nicht aufbewahrenswert und fallen aus der Geschichte. Nur vereinzelt und eher zufällig geraten sie in die Rolle von Statisten und werden zum Störfaktor indem sie Teile der dokumentierten Arbeiten verdecken.

In der Serie PROTAGONISTS werden die Besucher als prototypische Zeugen ihrer Zeit wertgeschätzt. Sie sind die eigentlichen Protagonisten, die bedeutenden Handelnden und Darsteller, die die betrachteten Kunstwerke mit Hilfe von Haltungen und Gesten interpretieren und vervollständigen. Eingefangen in Momentaufnahmen verfallen die Besucher in einen Zustand der Bewegungslosigkeit und werden als mediale Versteinerungen Bestandteil der Sammlung PROTAGONISTS. Der Prozess der Musealisierung wird nunmehr zur künstlerischen Aktion, in welcher der Besucher mit dem Betrachtetem verschmilzt und zum Artefakt wird.

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